Bodentraining: Bodenarbeit ist Abwechslung und Motivation
Bodenarbeit wird sehr häufig belächelt. Aber wer
es einmal versucht, stellt schnell fest, das auch hier Genauigkeit
und Achtsamkeit gefragt ist. ABER - es macht Spaß.
Für Mensch und Pferd kann es Abwechslung, Vorbereitung zum
Reiten, gegenseitiges Lernen aber auch Krankengymastik sein. Auch
vom Boden kann die Gymnastizierung vorbereitet werden. Das gegenseitige
Vertrauen kann aufgebaut werden.
Aber was noch wichtiger bei chronischen Erkrankungen ist: Das
Pferd kann beschäftigt und mit Einschränkung bewegt werden
- auch wenn es noch nicht fit genug ist zum Reiten.
Was ist denn nun Bodenarbeit?
Im Grunde genommen ist der komplette Umgang mit dem Pferd Bodenarbeit.
In unseren Köpfen gibt es häufig die Vorstellung, das
das eigentliche Training mit dem Pferd erst beginnt, wenn wir im
Sattel sitzen. Die Kommunikation beginnt aber schon viel früher.
Pferde sind als Herdentiere stark konzentriert auf die inneren und
äußeren Signale des Gegenüber - und nehmen unsere
Signale sehr genau zur Kenntnis. Viele Pferde sind dabei verwirrt,
dass wir sie scheinbar ignorieren und erst wenn wir in den Sattel
steigen, Konzentration und Gehorsam verlangen.
Bodenarbeit kann bedeuten, dass wir unsere Pferde mit ungewöhnlichen Dingen vertraut machen. Wir können unser Pferd aber auch bereits dressurmäßig vom Boden arbeiten.
Zahlreiche Bücher und Seminare zu einzelnen Methoden gibt es mittlerweile viele. Wichtig finde ich, dass hinter all den Methoden doch die identische Absicht steht. Wir wollen das Lernen unserem Pferd näher bringen und wollen unser Pferd für die gemeinsame Arbeit motivieren. Methoden der Lernpsychologie sind einzuhalten: Viel Lob und wenig Strafe stehen im Mittelpunkt.
Einzelne Übungen sind kein Selbstzweck!
Immer wieder werde ich nach einzelnen Bodenarbeits-Übungen gefragt. Und fast als nächste Frage kommt dann die Diskussion einer Methode. Natürlich muss man irgendwie anfangen: so fällt es uns erst einmal leichter etwas nachzumachen und mit einer Übung, die uns gezeigt oder erklärt wird, anzufangen.
Etwas skeptisch bin ich jedoch bei den sogenannten Level-Prüfungen der Parelli Instruktoren und mittlerweile auch bei der - von mir vor Jahren so begeistert gefeierten Einführung - GHP (Gelassenheitsprüfung). Die gestellten Aufgaben werden in vielen Reitbahnen zum Selbstzweck: Pferd und Mensch üben stumpf die einzelnen Aufgaben - beide Partner spulen nur noch Vorgegebenes ab - eigentlich langweilen sich Pferd und Mensch - und das manchmal über Jahre. Ob das wirklich lernen ist?
Es ist natürlich immer ein Problem, wenn im Wettkampf Leistungen
miteinander verglichen werden sollen: man benötigt einen Maßstab
bzw. eine einheitliche Prüfungssituation. Im Dressurreiten
sind es die einzelnen Aufgaben lt. LPO, bei der Reining die Pattern
und nun gibt es in der Bodenarbeit auch vorgeschriebene Aufgaben.
Beim Springreiten gibt es zumindest immer noch einen Parcourbauer,
der jeden Parcour Umlauf individuell gestaltet. Es geht zwar ums
Springen, aber durch den unterschiedlichen Aufbau werden die Schwierigkeitsgrade
und der Anspruch an das Pferd-Reiter Paar doch sehr unterschiedlich
ausfallen. Vor dem Wettkampf weiß man nicht so ganz genau,
was einen erwartet.
Aus unserer Ausbildung kennen wir es doch eigentlich auch: Schulabschlüsse, Uniklausuren oder die Abschlussprüfung bei der Berufsausbildung sind vom Inhalt vorher nicht bekannt. Man muss den Stoff insgesamt lernen und wird in Teilen darin geprüft.
Team-Arbeit und Kommunikation
Was steht hinter dem Wunsch, seine Freizeit mit einem Lebewesen zu verbringen? Der Wunsch nach Kommunikation, nach Austausch, die Faszination sich mit einer anderen Spezies zu verständigen. Beim Pferd ist es dabei egal, ob der Mensch auf dem Boden steht, im Sattel oder hinter dem Pferd auf dem Kutschbock sitzt, sich beim Handpferdereiten auf dem Rücken eines anderen Pferdes befindet oder auch vom Rollstuhl aus kommuniziert.
Für mich persönlich unterscheiden sich Reiten und Bodenarbeit fast gar nicht. Nur der physische Aufenthaltsort des Menschen verändert sich. Beim Zusammensein mit dem Pferd geht es um Feinabstimmung: wir möchten etwas vom Pferd: das Pferd soll sich vorwärts, rückwärts oder seitwärts auf einem von uns festgelegten Weg in einer von uns festgelegten Gangart bewegen.
Schon aus Sicherheitsgründen müssen wir dabei dem Pferd auch Grenzen setzen. aber bitte emotionslos "NEIN" - Stop-Signale geben. Es geht nicht um Strafe im Sinne von "ausflippen", indem wir rumschreien, zerren, im 5-eck springen, schlagen oder sonstwas machen. Dann machen wir uns in den Augen der Pferde nur lächerlich - auch wenn sich das Pferd vor lauter Angst scheinbar fügt, hat es uns als hoffnungslos verrückt abgestempelt.
Das Gewollte Angenehm
und das Ungewollte Unangenehm machen.
Wir als Mensch dürfen nicht müde werden, zu hinterfragen: Häufig wird von der gewaltfreien und sanften Ausbildung bei der sogenannten Roundpen-Arbeit gesprochen. Schaut man genauer hin, wird deutlich gestraft: das Flucht- und Herdentier Pferd wird weggescheucht. Fliehen kann es aber nicht, da die kreisrunde Umzäunung im Weg ist. Der Abstand zum Menschen vergrößert sich nicht, egal wie schnell das Pferd läuft. Wenn der Mensch weiß was er da gerade tut, ist das absolut ok. Aber bitte nicht wundern, wenn eine angeblich ganz pferdegerechte und sanfte Methode darin endet, dass das Fluchttier Pferd, weil es keinen Ausweg mehr sieht, plötzlich angreift. Wir müssen lernen die Signale des Pferdes zu sehen und zu verstehen! Die Pferde "lesen" uns viel besser als wir sie umgekehrt.
Nicht die einzelne Übung in ihrer äußeren Form,
nicht der äußere Schein sind wichtig. Es ist egal, ob
man Zirkuslektionen, TTEAM Übungen oder Fußball mit seinen
Pferden spielt, ob man eine weiße Gerte, einen Stecken oder
eine Longierpeitsche in der Hand hält: nur die innere
Einstellung, der Mensch an sich bildet sein Pferd in der Kommunikation
zu seinem Pferd aus.
Alles andere sind nur Hilfsmittel im eigentlichen Sinn des Wortes:
sie helfen - sie machen es leichter zu zeigen, was wir wollen.
So kann ich auch keinen Ausbilder kopieren: meine persönliche
Einstellung und Ausstrahlung und damit die nonverbale Kommunikation
mit dem Pferd ist eine andere als die meiner Ausbilder. Kopieren
bringt nichts. Damit versuche ich nur einer äußeren Schein-Form
nachzueifern. Ich muss meinen eigenen Weg und meine eigenen Ausdrucksmöglichkeiten
finden. Dabei können mir vorgefertigte Übungen zwar die
ersten Schritte ebnen, meine Fantasie etwas ankurbeln, aber ein
Verhaltensrepertoire muss ich mir selber "erarbeiten"
und mir bleibt das Lernen und die Verantwortung nicht erspart.
Der einzelne Mensch und das einzelne Pferd mit den jeweiligen Signalen
zur anderen "Lebens-Art" bilden ein TEAM: wie die Distanzreiter,
die bei den Weltreiterspielen 2010 die Bronze-Medaille in der Team-Wertung
holten und den Begriff prägten:
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Persönlich mag ich dieses Buch immer noch am Liebsten. Alfonso
Aguilar versucht die Idee hinter einzelnen Übungen zu vermitteln:
nicht nur im Buch sondern auch auf seinen Kursen.
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